Bockenauer Weißer Burgunder S 2013

| 27. Februar 2015 Alles lesen

Von der Nahe kommt der Wein der heute zur Verkostung am Tisch der Wahrheit steht. Genau gesagt vom Weingut Schäfer-Fröhlich aus Bockenau, einem verträumten Ort an der berühmten Steillage Felseneck. Tim Fröhlich selbst ist bekannt für seine Rieslinge und wird dafür von der nationalen wie auch internationalen Presse mit Lob und Anerkennung überschüttet. Dass er auch Weissburgunder kann geht dabei irgendwie unter. Aus diesem Grund wird hier und heute auch kein Riesling, sondern ein Bockenauer Weisser Burgunder S 2013 vorgestellt. Von Rotschiefer- und Quarzitböden stammt der Weissburgunder, der zwar ‘nur’ zu den Ortsweinen zählt, dem aber nachgesagt wird Grosse Gewächs-Qualität zu besitzen, was jetzt auf der Stelle untersucht wird.

WB S Schaefer-Froehlich Schlichte Eleganz versprüht das in einfachem Design in dunkelgrau und weiss gehaltene Etikett. Der oberte Teil in dunkelgrau mit den Initialen SF in gold und unterhalb in weiss Schäfer-Fröhlich eingedruckt. In der unteren anderen Hälfte in weiss der Jahrgang 2013 gross und darunter Weißer Burgunder ‘S’ trocken. Fertig ist die Weinbeklebung, mehr gibt’s nicht zu sehen. Das Etikett wirkt fast wie seine Weine. Spontangestaltet, sozusagen. Ohne Schnickschnack und nur genau soviel darauf wie nötig. Schönheit ist hier nicht gefragt. Die graue Halsmanschette mit dem VDP-Logo rundet das leicht “schmutzige” Design gekonnt ab. Am kleinen Rückettikett, das eigentlich nichts anderes als ein kleiner weisser Kleber ist, steht drauf was drauf sein muss und mehr erfährt man erst wenn man den Wein im Glas hat. Bevor er jedoch in den Kelch hinein darf, wird dem Weissburgunder eine halbe Stunde zur Sauerstoffaufnahme gegönnt. Spontis mögen das und deshalb darf sich der Bockenauer Tropfen auch ein wenig akklimatisieren.

Intensive Mineralik unter Zitrusfrüchten

Mehr grünlich als gelb dreht der Bockenauer Weissburgunder S schillernd seine Kreise im grossen Kelch. Warme Schiefertöne, behaftet mit feinen Zitrusaromen strömen in die Nase. Orangen, Limetten, aber auch feiner Rauch sorgen für ein echtes Feuerwerk an Geruchseindrücken. Würzig, ganz leicht, quarzig, nass und ebenso mehr grün und rot als gelb oder weiss im Riechorgan. Mundwässernde Frische, intensive Mineralik und eine gewisse Pfeffrigkeit machen diesen Duft aussergewöhnlich. Es riecht zwar dicht, fühlt sich aber eher kristallin in der Nase an. Glasklar, mit einem wunderbaren Spontinebel im Schlepptau. Phantastisch anders, beeindruckend lebendig.

Exotik, Rauch & nasser Schiefer

Was für ein Auftritt! Nasser Schiefer, beträufelt mit dem konzentrierten Saft von Orangen, grünen Melonen und Zitronen. Frisch, dabei betörend cremig und weich steht der Weisse Burgunder S auf der Zunge. Rauchig am Gaumen, grünlich pikant und weich wie Balsam. Wunderbar integrierte Säure verleiht dem Tropfen Spritzigkeit, hält sich aber soweit zurück, dass man die dichten Fruchtaromen ohne Ablenkung geniessen kann. Dabei weht über allem dieser Nebel warmen nassen Schiefers der dem Ganzen eine mineralische Rauchigkeit verleiht. Über die Zungenränder fliesst der Weisse Burgunder S cremig, weich und mild ab, setzt etwas Salz frei und sorgt so für Lebendigkeit. Zurück bleibt auf der Zungenmitte eine dichte Mischung aus exotischer Frucht gepaart mit Süssholz und weissem Pfeffer. Einfach traumhaft was dieser Weissburgunder abhält.

Nass, exotisch, rot & rauchig – Mehr geht nicht

Man spürt mit jedem Schluck das hochreife Lesegut, man fühlt den Saft der dicht und konzentriert auf der Zunge steht und dort butterweich abfliesst. Obwohl dicht und cremig wirkt der Tropfen aber alles andere als opulent. Dafür sorgt die feine Prise Salz, der nasse rote Schiefer und die grüne Pikanz inklusive der Zitrusaromen. Ist sogar leicht stoffig, ist aber weit entfernt davon auch nur im Ansatz schwer zu wirken. Man kaut und kaut und presst dabei gefühltes Melonenfleisch von der harten Schale. Man spürt wie fruchtig einerseits alles ist, nimmt andererseits aber auch von der ausgeprägten rauchigen Charakteristik Notiz und staunt wie traumhaft beides harmoniert. Was jedenfalls am meisten beeindruckt ist, wie tatsächlich anders dieser Weissburgunder im Vergleich zu seinen Artgenossen ist. Letztlich ist es dieser nasse rote Schiefer der dem Wein seine unverwechselbare Aromatik verleiht und ihn so anders macht.

Je länger der Weisse Burgunder S in der Karaffe steht umso geschliffener wird er. Er verliert nichts an exotischer Frucht, wandelt sich aber immer mehr zum von nasser Mineralik dominierten Tropfen hin. Er wird immer frischer, die Cremigkeit wird feiner, in der Zungenmitte steht er klarer und steiniger. Am Gaumen nach wie vor wunderbar rauchig, warm und tief. Mehr grüne Melone tritt zum Vorschein, grüne Pikanz vermengt sich mit rotem Schiefer und ergibt ein Duo das extrovertierter nicht sein könnte. Ganz am Schluss, kurz bevor alles abgeht, drängen sich wieder die lustigen Zitrusnoten in den Vordergrund und bleiben während dem Abgang lang am Gaumen haften. Der Wein ist einfach traumhaft, hat alles was Erotik ausmacht und sorgt mit seiner eigenwilligen wie auch unverwechselbaren Art für allergrössten Spass im Mund. Ich denke, dass man diesen Weissburgunder unter hundert anderen jederzeit identifizieren kann, dass einem dieser Geschmack wie auch das Gefühl eingebrannt bleibt. Es ist nass, es ist rot, es ist exotisch und es ist rauchig. Mehr geht fast nicht. Grandioses Weinerlebnis.

Tipp: 2-3 Stunden in der Karaffe sind zu empfehlen. Noch mehr, noch besser. Am zweiten Tag dann überhaupt der Wahnsinn. 10-14º Trinktemperatur, je nach Vorliebe. Ist eigentlich zur küchentechnischen Begleitung viel zu schade, weil er solo riesengrossen Spass macht und sich bestens zur Entspannung eignet.

Verkostet wurde ein Bockenauer Weißer Burgunder ‘S’ 2013 vom Weingut Schäfer-Fröhlich aus Bockenau an der Nahe, Deutschland. Bezugsquelle: Pinard de Picard, Saarwellingen.

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