Charming 2014 Kamptal DAC Reserve
Heute wird es päpstlich, zumindest wenn es um den kleinen bunten Punkt am Etikett geht. Der ist nämlich violett. Der Wein der in der Flasche ist hat aber weder etwas mit dem Papst noch mit dem Vatikan zu tun, der kommt aus dem Kamptal und ist ein Grüner Veltliner. Genau gesagt heisst er CHARMING 2014 Kamptal DAC Reserve und kommt aus der Veltliner-Kollektion von LAURENZ V. Auch der CHARMING steht heute bereits zum dritten Mal am Tisch der Wahrheit und wie jedes Jahr wurde er wieder zu 100% im Stahltank ausgebaut und bis kurz vor der Füllung auf der Vollhefe belassen bevor er im September 2015 abgefüllt wurde. Seit Dezember 2015 gibt es den “Charmanten mit dem violetten Punkt” auch käuflich zu erwerben. Und weil ich aus der Vergangenheit bereits weiss, dass der CHARMING dankbar ist für ein paar ausgedehnte Runden in der Karaffe, darf er sich für eine halbe Stunde allein darin vergnügen bevor er zur Verkostung in das blank polierte Glas kommt.
Mehr Stein als Frucht
Mit einem deutlichen grünen Schimmer leuchtet der CHARMING in sattem Gelb aus dem Glas. Viel Apfel ist zu riechen, dahinter feine exotische Aromen von Mango und von gelber Grapefruit. Über dem eine zarte Pfefferwolke die für die entsprechende Würze im Riechorgan sorgt. Der Duft ist leiser als gewohnt, verhaltener als im Vorjahr. Dafür ausgprägter in seiner Mineralik, intensiver. Man riecht mehr Stein als Frucht und die Würze hat fest das Zepter in der Hand.
Speck ist sexy
Extrem saftig, weich und cremig fliesst der CHARMING auf die Zunge. Kaum im Mund, spürt, ja atmet man eine dichte Wolke von feuchtem Stein, spürt wie alles ausgesprochen rauchig ist und wie intensiv würzig und mineralisch es da zugeht. Es dominiert die berühmt-berüchtigte Pfefferwürze, erst ganz zum Schluss schmeckt man einen gelben Apfel und etwas Mango. Recht moderat ist die Säure des CHARMINGs, was der Frucht ein wenig mehr Platz lässt um sich in der alles einnehmenden Mineralikwolke behaupten zu können. Dabei fühlt sich der Wein sehr konzentriert an. Speck ist sexy und die paar Fältchen die er auf die Waage bringt machen ihn tatsächlich auch charmant. Im Abgang saftig-fruchtig und im Nachhall wieder steinig und vor allem pfefferwürzig.
Mehr Wallander als Fellini
Je länger der CHARMING in der Karaffe steht und Luft aufnimmt, umso steiniger wird er. Er entwickelt Grip am Gaumen und auch auf der Zunge. Trotz seiner generellen Cremigkeit. Gneis tritt immer mehr hervor, Es wird richtig stoffig und man spürt wie auf der Zunge ein dichter Nebel von Steinstaub aufzieht. Die Würze hat endgültig das Kommando übernommen, was an Frucht vorhanden ist muss sich hinten anstellen. Kein Erbarmen für den Apfel. Pfeffer spielt die Erste Geige, begleitet von trockenem Rauch der sich langsam in den Rachen zieht. Sogar der Abgang und der Nachhall sind jetzt mehr herb als fruchtig, als würde man im Steinbruch stehen und keinen Mundschutz tragen.
Was mir auch beim CHARMING 2014 auffällt ist, dass die Pefferwürze und die generelle Mineralität ausgeprägter als im letzten Jahr ist. Obwohl mehr Restzucker und weniger Säure, setzt sich doch extrem die Mineralik durch. Auf der Zunge und am Gaumen dicht und cremig, im Gefühl aber doch sehr elegant und kühl. Ein gelungener Spagat zwischen Fülle und Klarheit, zwischen Frucht und Pfeffer. Saft auf der einen Seite, Herbheit auf der anderen. Fruchtig ja, wenn auch nur bedingt. Der CHARMING ist in seinem Charme ein wenig kühler geworden, was mir persönlich besser gefällt. Es ist mehr die nordisch-kühle als die südlich-temperantvolle Variante. Mehr Wallander als Fellini. Ausprobieren, macht Spass und bereitet tollen Weingenuss.
Tipp: Geben Sie ihm 30-60 Minuten in der Karaffe. Mit 8-10º geniessen. Zum Wiener Schnitzel, zum Backhendl, zum Süsswasserfisch oder einfach als Solist genossen. Veltliner, der dem Pfeffer alle Ehre macht.
Verkostet wurde ein Grüner Veltliner Charming 2014 Kamptal DAC Reserve von LAURENZ V., Österreich. Zu beziehen in Ö bei Wein & Co.
Kategorie: LAURENZ V (A), Verkostet