Gräfenberg 2015 Auslese Grosse Lage

| 27. August 2016 Alles lesen

Graefenberg 2015 Auslese Grosse Lage Hatte ich gestern noch die Riesling Gräfenberg Spätlese 2015 vom Weingut Robert Weil aus Kiedrich im Rheingau im Glas, so steht heute eine weitere “Lese” zur Verkostung am Tisch der Wahrheit. Diesmal aber die Riesling Gräfenberg Auslese aus dem Jahr 2015. Sozusagen als Topping, oder so. Noch einmal zur Erinnerung für jene die es noch nicht wissen sollten: neben dem Turmberg und dem Klosterberg ist der Gräfenberg die dritte Berglage des Weinguts, welche erstmals im 12. Jahrhundert als “Berg des Rheingrafen” erwähnt wurde und deren Rebstöcke auf steinigen Böden mit Steigungen von bis zu 60% stehen. Wer hier gefahrlos arbeiten will sollte zumindest eine fundierte Kletterausbildung erfolgreich abgeschlossen haben. Doch jetzt zum Wein. Wir wollen ja nicht Bergsteigen, sondern diesen Edeltropfen aus der kleinen 0,375 Liter Flasche mit dem weltberühmten tiffanyblauen Etikett in die Freiheit entlassen. Wenngleich dieser Stoff locker das Zeug dazu hat, die nächsten 20, 30 Jahre vor sich hinzureifen und zum reinsten Göttertrank zu werden. Nur, wer will bzw. kann schon derart lange warten?

Mehr Stein als Frucht

Ähnlich der Spätlese duftet es auch bei der Gräfenberg Auslese sehr sehr fein aus dem Glas heraus. Null Lärm, nur ein edler, distinguierter Auftritt in der Nase. Feine Kräutertöne, etwas Zitrone, weisser Pfirsich und ganz viel Stein. Wie überhaupt die Aulese sich auf eine konzentrierte Mineralik-Charakteristik eingeschossen haben dürfte. Weniger Frucht, mehr Stein, gefällt mir und ich bin schon neugierig was mich nach dem überwältigenden Naturschauspiel der Spätlese jetzt erwartet.

Enorm fruchtig, zärtlich rauchig

Und wenn Du glaubst es geht nichts mehr, kommt nach der Spätlese von Robert Weil die Auslese daher. Und macht dich einfach platt vor staunen. Selbstverständlich süsser, aber um nichts weniger griffig als die Spätlese steht der Tropfen im Mund. Saftig lullt der Wein die Zunge mit Aromen von reifer Marille, reifer Quitte und ebensolchem Pfirsich ein. Ganz plötzlich aber schiesst der Schiefer ein, gesellt sich eine feine Kräuternote hinzu und auf einmal spürt man wie am Gaumen und hinter den Lippen ein feiner griffiger Film auftaucht. Trotz ihres mächtigen Saftes wirkt die Gräfenberg Auslese fein, straff und dank ihrer knackigen Säureader höchst lebendig. Der Abgang enorm fruchtig und zärtlich rauchig im Finale. Wie war das mit der Sünde nochmal?

Einfach ganz grosses Kino

Auch bei der Gräfenberg Auslese arbeitet sich mit etwas Luft im Glas eine ausgesprochen feine, aber doch sehr deutliche Mineralik durch und sorgt für elegante Haftung. Sowohl auf der Zunge wie am Gaumen spürt man diesen “weissen” Film der sich wie feiner Nebel anlegt und dann nicht mehr weggeht. Danach erst tropft der Saft aus einem straffen Körper, dicht, konzentriert und nicht enden wollend. Immer begleitet von einer leisen Kräuternote und einem Stück dunklem Kandiszucker im Hintergrund. Über allem feuchter Stein und leichter Rauch. Ein Mundgefühl der Extraklasse und eine Frucht die süchtig macht. Soviel Tiefe die Gräfenberg Auslese auch im Mund zeigt, so “knusprig” ist sie fast, was völlig staunen macht. Da ist Rasse drin, das ist kompakt und doch so fein und elegant wie man es nicht für möglich halten würde. Das ist schlichtweg grosses Kino, erste Reihe, fussfrei.

Phänomenal wie sich die Gräfenberg Auslese entwickelt. Nach einer Stunde offen knallt der Tropfen rassig auf den Gaumen, knackt vor Frische und zeigt ein Säurespiel, das aussergewöhnlich ist. Zitrusfrucht gepaart mit hartem Stein, weisser Nebel über deftiger Marille und ein Nachhall der erst recht ein riesengrosses Grinsen in die Mimik zaubert. Als wäre dieser nicht die erwartete Zugabe, sondern erst der eigentliche Hauptakt. Würde einen nicht die gute Kinderstube daran hindern, man würde einfach laut und lustvoll schmatzen und sich ungeniert die Lippen lecken, während man den nächsten Becher mit diesem sündhaft saftigen wie rassigen Extrakt befüllt. Ich denk ans alte Rom, die wilden Feten und … lassen wir das. Ich trink noch etwas von dem Stoff hier und schmatz mal völlig ungeniert herum. Man kann mich ja nicht hören oder sehen. Was in diesem Fall ganz gut so ist. Bunkern was geht und die nächsten 100 Jahre geniessen!

Tipp: Am besten mit 8-10º zu geniessen. Lassen Sie den Wein ruhig etwas atmen. Ganz klassisch zu Käse, Desserts und anderen nicht zu süssen Schlemmereien. Auch zur Asiaküche. Als Solist ein sündhaft köstlicher Geselle.

Verkostet wurde ein Riesling Gräfenberg 2015 Auslese Grosse Lage vom Weingut Robert Weil aus Kiedrich im Rheingau, Deutschland.

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Kategorie: Robert Weil (D), Verkostet