In Haiden 2013

| 16. Oktober 2014 Alles lesen

Mit zwei Lagenselektionen von Herbert Zillinger geht die spannende Verkostungsreihe heute in die vorletzte Runde. Den Anfang macht der Traminer ‘In Haiden’ 2013, welcher gleichnamiger Lage enstammt. Leichter Löss mit hohem Kalkanteil ist das ‘Fundament’ auf dem die Reben für diesen Wein wachsen. Nur das beste Traubenmaterial wird verarbeitet und was Herbert Zillinger normalerweise daraus macht, habe ich bereits beim Grüner Veltliner ‘Weintalried’, der ebenso eine Lagenselektion ist, erleben dürfen. Die Lagenselektionen sollen, wie Herbert Zillinger selbst sagt, “zum fortgeschrittenen Genuss” einladen, bei dem jeder selbst entscheiden möge ob nun die Handschrift des Winzers, der Boden oder die Lage einen Wein am Ende ausmacht. Ich freue mich auf den In Haiden, befreie ihn von seinem Schraubverschluss und bin gespannt was ich erleben werde.

In Haiden Ganz viele in sich verschlungene Zs in unterschiedlichen Variationen zieren das bereits bekannte Etikett, das auch auf dieser klassischen Burgunderflasche klebt. Oben und unten ein überdimensionales davon und in der Mitte elegant in kupfergold IN HAIDEN, der Name und gleichzeitig die Lage des Weines eingedruckt. Am unteren Rand steht wieder, ebenfalls in kupfergold gedruckt TRAMINER und Lagenselektion in Kapitalen und unterhalb Weingut Herbert Zillinger. Das Etikett selbst in weiss gehalten und im Stil einer Briefmarke oben und unten zackig ausgestanzt. Das Rückenetikett informiert über den Hintergedanken die Weine der Lagenselektion betreffend und gibt Auskunft was es damit auf sich hat. Zusätzlich zu den technischen Details ist auch ein QR-Code angebracht. 13,5 %vol. kündigen ein eher kraftvolleres Weinerlebnis an. Damit sich der Traminer IN HAIDEN auch richtig entfalten kann kommt er für eine Stunde in die Karaffe, um sich auf seinen grossen Auftritt vorzubereiten.

Dezent pikante, grüne Aromatik

Kräftiges strohgelb mit leichtem grünlichen Schimmer dreht seine Runden im grossen Glas. Aromatisch und würzig duftet es heraus, nicht überbordend oder intensiv, vielmehr sehr elegant und dezent. Etwas Wiesengras steht über dem Duft, ein Schuss Honig ist dabei, Orientgewürze tauchen auf, ein Tick von Grapefruit ist dabei. Man ist geneigt sogar eine gewisse Exotik auszumachen weil eben nicht nur die sonst so dominante wie kräftige Würzigkeit im Vordergrund steht. Sehr aromatisch, aber nicht laut, etwas pikant mit einem grünen Stich versetzt erfrischt der In Haiden in der Nase und setzt dank feiner Zitrustöne sogar ein wenig Speichel frei.

Traminer auf Zimmerlautstärke

Staunen. Nochmals kosten. Noch einmal staunen. Erstens strömt der In Haiden butterweich auf die Zunge. Zweitens ist er komplett anders als alles was ich an Traminer kenne. Mild, natürlich aromatisch, nur viel dezenter, als hätte man die Musik leise gedreht. Ungemein mild steht der Wein im Mund, hat alles was man von einem Traminer erwartet und ist doch so anders. Man schmeckt Litschi, doch nimmt man sie weicher, nicht schneeweiss sondern etwas angegilbt wahr. Man schmeckt Grapefruit, nur mit erheblich weniger Saft. Man schmeckt Lebkuchen, warm, weich und orientalisch würzig. Und alles zusammen in einer wunderbar weichen und sich warm anfühlenden Konsistenz. Am Gaumen würzig, ohne Zweifel, aber trotzdem sanft, fast schon sensibel. Im Abgang gelbfruchtig wie gelbwürzig, lange und mit jenem Hauch von Kalk versehen, der ihm einen feinen Nebelschleier umhängt. Traminer auf Zimmerlautstärke, sozusagen. Phantastisch.

Inkarnation von Understatement

Je öfter ich am In Haiden nuckle, desto stärker wird das Verlangen noch mehr davon in den Mund zu nehmen. Man spürt wie stark der Boden für Aufmerksamkeit sorgt, wie sehr man Kalk schmeckt und gleichzeitig ist man erstaunt, wie sanft die kraftvolle Aromatik auf der Zunge und auch am Gaumen ist. Oft neigen Traminer dazu ZU aromatisch im Mund zu agieren, alles zu vereinnahmen und werden deshalb auch oft abgelehnt. Der In Haiden tritt mit der gleichen Aromatik auf, schafft es aber dabei mild, zurückhaltend und leise zu bleiben. Man erkennt jedes einzelne Aroma, nur ist es, als hätte man alles auf gerade noch ‘hörbar’ reduziert. Die Zunge spielt mit dem runden Tropfen Softball, schmeckt gelbe Frucht und spürt den weichen Kern. Der Gaumen liebt die leicht herbe Note, die aber dank einem Tick von Extraktsüsse richtig sexy wirkt. Alles ist frisch im Mund, niemals auch nur in der Nähe von opulent. Es fühlt sich saftig an, es ist leicht rauchig, sogar etwas speckig. Nur ohne Fett. Man leckt sich die Zunge, geniesst die grandiose Aromatik die so distinguiert wie ein 90-jähriger englischer Lord auftritt. Die Queen würde diesen Tropfen lieben. Weil er jauchzt vor Freude und doch verhalten, gesittet und stets beherrscht bleibt.

Der In Haiden ist unter den Traminern die Inkarnation von Understatement. Man kommt sich vor wie im Schlaraffenland, soviel gibt es hier zu entdecken. Lebkuchen erinnert an Weihnachten, gelbe Früchte an die Karibik, der Kalk zaubert feinsten englischen Nebel auf die Aromenbühne und alles zusammen ergibt eine Mixtur im Mundraum, der man hoffnungslos verfällt. Es gibt den Begriff der ‘Aromenweine’ und wer sich dem In Haiden einmal aussetzt, der wird erkennen, dass Aroma im Wein mehr ist als nur aromatisch-würziges Gebrüll von dem man schnell genug hat. Der In Haiden gehört zu jenen dieser Sorte, die einmal gekostet, einen nachhaltig ins glückliche Weinverderben stürzen, weil er trotz seiner Aromatik auch noch elegant, dezent und wohl erzogen ist und niemals nicht auch nur den Anflug eines lauten Tones zulässt. Grandioser Stoff. Einfach superb.

Tipp: Eine Stunde in der Karaffe ist perfekt. Unbedingt grosses Glas. 10º Trinktemperatur sind ideal, nicht zu kalt servieren. Zu gegrilltem Barsch, zu Rotschimmelkäse, zur Gans und vielem mehr. Als Solist ein Wein der einem genussvoll vorführt, wie begehrenswert Aroma sein kann.

Verkostet wurde ein Traminer ‘In Haiden’ 2013 Lagenselektion vom Weingut Herbert Zillinger in Ebenthal im Weinviertel, Niederösterreich.

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