Riecine Chianti Classico 2012
Das Motto dieser Runde lautet Das Blut des Jupiter und Experten wissen, dass es sich dabei nur um Sangiovese handeln kann. Den Anfang macht einer, von dem ich bereits 2014 den Jahrgang 2011 verkostet habe. Heute steht der selbe Wein, der Chianti Classico 2012 von Riecine aus Gaiole im Chianti am Tisch der Wahrheit. Gegründet wurde Riecine von John Dunkley, geführt wird es von einem anderen Engländer, Sean O´Callaghan, der seit 1991 sowohl als Kellermeister wie als Betriebsleiter fungiert. Als ICEA® zertifizerter Betrieb zählt Riecine heute zu den Aushängeschildern des Chianti. Und jetzt will ich wissen wie sehr und ob und wie sich 2012 von 2011 unterscheidet.
Ein turmhohes weisses Etikett das fast die gesamte Höhe der Flasche einnimmt ziert das dunkle Gebinde. Zu oberst das Logo von Riecine, drei Bäume in weinrot und unterhalb in Grossbuchstaben der Name. Die Mitte nimmt ein Text ein auf dem ein wenig über den Gründer des Weinguts sowie dessen Anspruch und Bedeutung in Chianti erklärt. Im Hintergrund ganz zart das Weingut aufgedruckt. Unterhalb der Jahrgang mittig angebracht und ganz am unteren Rand Chianti Classico in geschwungener Schreibschrift. Ein sehr klassisch wirkendes Design, nichts Verspieltes, klar und elegant. Auf der weinroten Halsmanschette das offizielle Siegel, als Nachweis dafür, dass es sich um einen Chianti Classico DOCG handelt. Am kleinen weissen Rückenetikett dann noch ein paar allgemeine Informationen. Weil ich vom Jahrgang 2011 bereits weiss, dass dieser Wein doch reichlich Luft benötigt um so richtig aufzumachen, kommt auch der 2012 für zwei Stunden in die Karaffe bevor er angetrunken wird.
Leise, fein & rücksichtsvoll
Relativ helles rubinrot funkelt aus dem Glas, ist klar und zeigt feine ziegelrote Reflexe. Feine Würze dampft die Nasenflügel hoch, begleitet von Sauerkirsche und einem ganzen Berg von Geäst. Eine Handvoll feuchte Erde ist untergemischt und verleiht dem Duft etwas Herbstliches. Kein Banal-Chianti-Duft, vielmehr seriös, erwachsen und auch charaktervoll. Er hüpft nicht üppig aus dem Glas heraus, er strömt fein und rücksichtsvoll mit einer leisen erdig-würzigen Note empor. Die Sauerkirschen immer ganz dezent im Hintergrund nur um ja nicht allzu aufzufallen.
Wenn der Herbst in vollem Saft steht
Knappe zwei Stunden hat der Chianti Classico in der Karaffe hinter sich und auf die Zunge fliesst ein Saft der es in sich hat. Dicke fette Kirschen pressen jeden Tropfen der in ihnen ist heraus und fluten selbige damit. Der Unterschied zu 2011: es fühlt sich fleischiger an, noch saftiger, die Gerbstoffe sind weicher, runder und nicht so rustikal. Es ist seidiger im Mund, runder, reifer. So sehr man durch das weiche runde Mundgefühl anfänglich glaubt einen muskulösen Körper zu spüren, so sehr erkennt man nach drei Sekunden den Irrtum und stellt fest, dass es sich um einen äusserst feinen, zarten Wein handelt. Der Saft macht ihn rund, fast üppig; was aber hinten raus kommt fühlt sich dezent spröde, niemals jedoch ruppig an. Es ist erdig, es ist herbstlich und es “saftelt”, wie ich dieses Gefühl gerne zu bezeichnen pflege.
Befeuert von der Sauerkirsche
Wie schon 2011 schreit auch der Chianti Classico 2012 nach ganz viel Luft. Dann arbeitet sich auch da die Erde hervor, kommt das Unterholz zum Vorschein und verbindet sich mit den feinen Gerbstoffen zu einem eher bäuerlichen Gemisch im Mund. Trotz allem gleitet es nie ins Einfache ab, vielmehr zeigt sich erst da wie sehr der Wein von Stil und Charakter geprägt ist. Auf der Zunge in der Zwischenzeit feiner geworden, der Saft hat sich zurück gezogen, alles ist erdiger, würziger und schlanker, noch spröder geworden, aufgelockerter in der Struktur. Am Gaumen nur mehr Herbst. Nebelig, feucht und leicht morbide. Laub, Leder, Holz und feuchte Erde dominieren. Befeuert von einem Spritzer Sauerkirsche. Der Abgang weichselig, roterdig, braunwürzig, lang. Der Nachhall trocken wie trocken Brot und rot.
Nach drei Stunden scheint es, als hätte der Chianti Classico seine Reiseflughöhe erreicht. Er ist noch feiner geworden, noch trockener, etwas pfeffrig, ledrig und vor allem wunderbar frisch. Kirschen und Weichseln spielen die Hintergrundmusik, Erde und Würze haben die Hauptrolle übernommen. Auf der Zunge leicht, süsslich-herb, am Gaumen rot, unterholzig, staubig. Jetzt lebt er, der Riecine, jetzt ist er aufgetaut und widerlegt meine anfängliche Meinung, welche den 2011er weit in Führung liegend sah. Das liegt daran, dass 2012 mehr Luft und Zeit braucht um sich zu öffnen. Insgesamt wirkt 2012 reifer im Mund, fühlt sich saftiger und runder an, zeigt von seiner rustikalen Charakteristik etwas weniger. Was einem mehr gefällt ist nur subjektiv zu beurteilen. Freundlicher ist 2012, knackiger 2011. Man hat die Wahl was man zum aktuellen Anlass haben will.
Tipp: Zwei bis drei Stunden in der Karaffe sind empfehlenswert. Ideal mit 16-18º. Zu Fleischgerichten, Eintöpfen und klassischer Pasta immer passend. Als Solist viel mehr als nur gewöhnlicher Chianti.
Wein & und Winzer-Info:
Wein: Riecine Chianti Classico 2012
Winzer: Riecine
Trinkbar ab: sofort
Optimale Reife: -2018+
Anbau: Biodynamisch
Ausbau: Gebr. Barrique
Besonderes: Wilde Hefe (spontan)
Dekantieren: JaDen Wein gibt es in der Weinfachhandlung K&U Weinhalle in Nürnberg zu beziehen.
Kategorie: K&U Weinhalle (D), Verkostet