Einfluss der Umgebung

| 20. Mai 2011 Alles lesen

Eine an sich einfache, aber trotzdem immer wieder gestellte Frage ist: “Kann es sein, dass die Umgebung einen Einfluss darauf hat ob einem ein bestimmter Wein einmal besser oder schlechter schmeckt?”

Natürlich kann das sein. Vergessen wir nicht, dass wir alle von zahlreichen Reizen abhängig sind und uns durch diese auch sehr stark lenken und beeinflussen lassen. Gerade das was wir um uns herum sehen und sowohl optisch wie akustisch wahrnehmen, hat einen direkten Einfluss auf unsere Gemütslage und auf unser allgemeines Befinden. Zwei klassische Klischees sollen dies verdeutlichen.

Im Sommer trinkt man Weisswein

Es ist Sommer, man sitzt gerne draussen und man geniesst bei einem schönen Glas Veltliner, Riesling oder Pinot Grigio die frische Luft und saugt die Energie der Sonne auf. Die Frische und Lebendigkeit des Weins sind hier willkommen und machen das Leben zu einem wahren Genuss. Nur wenige kommen auf die Idee sich in dieser Hitze einen schweren, wuchtigen Rotwein zu bestellen.

Rotwein impliziert oft Begriffe oder Gedanken wie, sich fallen lassen, langsamer werden, zu verweilen oder ähnlichem. Rotwein wiegt generell “schwerer” und wird in unseren Regionen öfter am Abend getrunken als tagsüber. In Frankreich, Spanien, Italien und anderen südlichen Ländern wird Rotwein zu jeder Tag- und Nachtzeit getrunken, was jedoch generell mit einer gänzlich anderen Tisch- und Trinkkultur dieser Länder zu tun hat.

Beobachten Sie sich einmal selbst genau und Sie werden feststellen, dass Sie aus dem Bauch heraus genau das tun, wonach Ihnen in diesem Augenblick gerade am meisten ist. In diesem Fall gehören Sie mit ziemlicher Sicherheit auch zur grossen Mehrheit jener, die zum aktuellen Anlass eher Weisswein bevorzugt.

Ein anderes klischeehaftes Beispiel könnnte so ablaufen:

Wagner und Rotwein gehören zusammen

Sie gehen abends mit Ihrer Partnerin oder Ihren Freunden in die Oper, lauschen den Klängen Wagners und lassen sich von der oppulenten Bühnendekoration und den tollen und wuchtigen Kostümen inspirieren. Für danach haben Sie schon vorab den Tisch in ihrem Lieblingsrestaurant reserviert und freuen sich auf eine schöne Flasche Wein mit Ihrer Begleitung oder Ihren Freunden. Dabei wird, immer wieder beobachtet, überwiegend Rotwein an den Tisch gebracht. Als würde man damit die immer noch im ganzen Körper strömende Musik auf magische Weise konservieren. Wagner und Rotwein gehören für viele genau so zusammen wie Wiener Schnitzel und Kartoffelsalat.

Was liegt also näher als eine schöne Flasche Merlot mit seinen Freunden zu teilen oder einen Wein zu verkosten, der viel an Kraft und Ausdruck hat? Sie spüren förmlich noch die Schwere der Musik und kämen niemals auf die Idee genau jetzt einen Pinot Grigio zu bestellen. Ein Klischee wie es im Buch steht und trotzdem äusserst klassisch.

Auch da werden Sie, wenn Sie sich selbst beobachten feststellen, dass Sie nicht alleine sind mit Ihrer Präferenz und automatisch das tun was Ihrer momentanen Empfindung und Stimmung entspricht. Sie wird sich aller Wahrscheinlichkeit nach auch in der Bestellung eines Rotweins niederschlagen.

Beiden Beispiele zeigen, dass sowohl optische wie auch akustische Reize unsere Emfindungen und damit auch unsere Entscheidung beeinflusst haben. War es einmal die Leichtigkeit, die Frische und die Unbeschwertheit des Sommers, so waren es dann wieder die Schwere und die Wucht der Musik sowie das wohlige Gefühl und die grossen Emotionen, die uns in unserer Entscheidung angetrieben haben.

Location, Anlass und sogar das Wetter spielen eine Rolle

“Was ist aber mit all den anderen Festlichkeiten, Veranstaltungen, etc., bis hin zu einfachen Abenden in geselliger Runde mit Freunden und Bekannten?” werden Sie sich vielleicht auch fragen.

Auch da spielen natürlich optische und auch akustische Reize eine Rolle. Wie stellt sich das Ambiente der Location dar, wie sind die Leute drauf? Was gibt es zu essen und wie wird es präsentiert? Ist die Stimmung fröhlich, flott, entspannt und lustig, oder hat die Gala einen eher “ernsteren” Anlass und verläuft auch dem entsprechend? Ist es hell und eher kühl oder befindet man sich in gedämpfter, eher dunkler und warmer Umgebung?

All das und noch viel mehr beeinflusst uns bei der Wahl des Weins genauso und ist vollkommen natürlich. Mit etwas Neugier und einer gesunden Portion Objektivität macht es aber Spass sich selbst ein wenig besser “kennenzulernen” und zu erforschen, welche Einflüsse unsere geschmacklichen Entscheidungen beeinflussen. Jedem der sich mit Offenheit und Interesse Weinen hingibt öffnen sich damit viele Türen, die es sich zu durchschreiten lohnt.

Last but not least spielt oft sogar das Wetter eine Rolle dabei was uns gerade schmeckt oder zu welchem Wein wir greifen. Bei 30 Grad im Schatten geniessen wir einen pfeffrigen, frischen Weisswein oder spritzen ihn mit Mineralwasser. Ein ideales Getränk an solchen Tagen. Auch ein fruchtiger oder trockener Rosé wird gern genossen und ein leichter Rotwein ist ebenso nicht fehl am Platz. Bei Regen, Kälte oder Nebel hingegen greifen wir gerne und eher zu Rotwein, weil er die allgemeine Stimmung besser einfängt und mit Volumen, Würze, Frucht und Kraft uns diese nicht so komfortable Zeit einfach versüsst.

In beiden Fällen spielen damit die Intensität des Lichts und die Temperatur eine nicht unwesentliche Rolle bei unserer Entscheidung und dem damit verbundenen Geschmackserlebnis. In der Regel greifen wir bewusst, oft aber auch unterbewusst zu der einen oder anderen Sorte Wein und lassen uns von den aktuellen äusseren Einflüssen leiten.

Ohne das alles tief wissenschaftlich zu betreiben kann jeder ganz einfach für sich selbst feststellen, wie er persönlich auf Umgebung, Wetter, Anlass und andere Einflüsse reagiert. Einfach sich selbst und auch andere etwas genauer beobachten und sich verinnerlichen, was man wann wie wahrnimmt und welche Wahl man dann in Folge trifft. Spass und Erkenntnisse sind dabei garantiert.

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