Raumland MonCoeur 2008 Brut

| 9. April 2015 Alles lesen

Volker Raumland vom Sekthaus Raumland aus Rheinhessen ist quasi DER Sektmacher Deutschlands. An seinen Schaumweinen misst sich jeder der ebenfalls Blasen in seine Weine verfrachtet. Jener der hier und heute am Tisch der Wahrheit zur Verkostung steht heisst MonCoeur, was soviel wie “Mein Herz” heisst. Ob ich meines auch an diesen Sprudel, der übrigens eine Exklusivfüllung für Pinard de Picard ist, verlieren werde, darüber sollen die nächsten Stunden Aufschluss geben. Und da ich für schäumende Weine ein entsprechechend grosses Faible habe, werde ich mich jetzt in aller Ruhe über diesen deutschen Blubber her machen und mich von seinen Perlen verwöhnen lassen.

Raumland Reduziert aufs Wesentliche. Das ist es was das Etikett auf dieser Flasche ausmacht und dem Betrachter vermittelt. Auf einem hellem Untergrund der von einem goldenen Rahmen eingefasst ist, steht schlicht und einfach zentriert RAUMLAND in weinrot drauf. Darunter, einer Handschrift nachempfundenen Typo, MonCoeur in schwarz. Unterlegt ist alles mit dem überdimensionalen Logo des Sekthauses Raumland in gold. Und damit ist die Weinbeklebung auch schon wider fertig. Am schwarzen Rückenetikett der volle Name des Sprudels, Mon Coeur 2008 Brut. Der Rest ist Pflichtinformation was Information angeht die eben drauf stehen muss. Man liest, dass handgerüttelt wurde, aber viel wichtiger und informativer ist der kleine runde schwarze Sticker welcher über der goldenen Halsmanschette klebt. Auf diesem steht das Datum der Degorgierung, in diesem Fall 02/2015. Und weil das auch schon alles ist wird der MonCoeur jetzt mit einem dezenten Plopp von seinem Kork befreit und ins blank polierte Glas (nicht in die Flöte) verfrachtet.

Brioche, Nuss & feine Hefe

In hellem strohgelb steht der MonCoeur im Glas und perlt lustig vor sich hin. Kaum steckt die Nase in selbigem denke ich an französischen Champagner. Es duftet herrlich nach Brioche und gerösteten Nüssen, zart hefig und mit einer eleganten Birnennote im Hintergrund. Zarte Blüten duften aus dem Kelch, es riecht so überhaupt nicht nach “Sekt” und man würde blind wahrscheinlich niemals darauf tippen. Betörend ist es was die Nasenflügel hochzieht und saftig fühlt es sich noch dazu an. Ich bin mehr als gespannt ob dieses Aha-Erlebnis im Mund seine adäquate Fortsetzung findet.

Überraschung gelungen

Kaum kommt der MonCoeur in den Mund ist man im ersten Augenblick überrascht. Da ist einerseits eine klare mineralische Ader die über die Zunge zieht und für Frische und Lebendigkeit sorgt. Und dann ist da andererseits eine fast schon vornehm zurückhaltende Hefigkeit, die sowohl den Birnen- wie auch den Briochearomen galant den Vortritt überlässt. Es fühlt sich erst weich an, setzt aber dann mittels einer doch recht straffen Säure zum “Überraschungsangriff” an. Es ist als würde man etwas Gereiftes und etwas Junges gleichzeitg im Mund haben. Am Gaumen weich, stoffig, briochig und wunderbar teigig. Auf der Zunge, und da besonders ganz hinten, neckisch, fröhlich, übermütig, zupackend. Im Abgang zart saftig, frisch und mineralisch, sogar mit Zitrusnoten unterfüttert. Im Nachhall trocken und weissblütig.

Sekt als Champagner getarnt

Es ist einfach ungemein spannend im Mund. Man glaubt zwar feinen französischen Champagner zu trinken und doch schmeckt und spürt man, dass dieser Sprudel nicht aus Frankreich ist. Die straffe Säure ist ein Indiz, die klare Mineralität ein weiteres. Man schmeckt Brioche und spürt kalten Stein, man schmeckt Birne und fragt sich wo die Säure herkommt. Man schmeckt Hefe und spürt am Gaumen wie weissblütig, fast schon trocken der MonCouer darüber zieht. Ich weiss nicht wie viel Restzucker in diesem Sprudel steckt, doch bewegt sich dieses Brut gefühlsmässig haarscharf an der Grenze zu Extra Brut. Und immer wieder wundert man sich über diese feine, elegante Stoffigkeit im Mund. Der Blubb hat Grip und wenn er über den Gaumen hinten abfliesst schmeckt man noch einmal alles was die Bäckerei zu bieten hat. Nix Billigsekt, das hier ist ganz grosser Sprudel mit einer deutschen Flagge drauf.

Es ist schlichtweg ein Genuss was da im Mund abgeht. Es scheint als würde der MonCoeur an der Luft auftrocknen, während sich die saftige Birne weiter in der Hefe suhlt. Es fühlt sich immer griffiger an und es wird immer weissblütiger, ohne dabei an Mineralik zu verlieren. Der Sprudel wächst an der Luft und das ist schön wie auch verwirrend. Mit seiner traumhaft feinen Perlage sorgt er für einen wohlig belebenden Teppich auf der Zunge, da sticht nichts, da trampelt nichts, da ist alles tiefenentspannt und wunderbar zivilisiert. Am Gaumen wird der MonCoeur immer “weisser”, kalkiger und sogar staubiger. Und immer wieder sorgt die frische Säure im Hintergrund für jenen Thrill, der einen dran erinnert, dass hier Rheinhessen und nicht Vertus im Glas ist. Was Volker Raumland mit diesem Sprudel auf den Sektkonsumenten los lässt zeigt, was Sekt wirklich ist und/oder sein kann. Nicht zu vergleichen mit der Billigplörre die dank Turbo-Kohlensäure bestenfalls für permanente Rülpsreflexe sorgt. Der MonCoeur ist definitiv mehr als nur eine Alternative zu französischem Champagner. Beide Daumen hoch für diesen Sprudel der sich Sekt nennt.

Tipp: Aufmachen und mit 8-10º geniessen. Begleitet vielfältigste Küchenkreationen. Als Solist ein Sprudel der riesengrosse Freude macht und so manchen teuren Champagner locker in die Tasche steckt.

Verkostet wurde ein Raumland MonCoeur 2008 Brut vom Sekthaus Raumland aus Flörsheim-Dalsheim, Deutschland. Bezugsquelle: Pinard de Picard, Saarwellingen.

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