Riesling Kalmit 2012

| 19. Mai 2015 Alles lesen

Auch dieser Wein wurde vor genau drei Jahren zum ersten Mal verkostet. Damals war es der Riesling Kalmit 2010 von Sven Leiner, heute steht sein Riesling Kalmit 2012 zur Verkostung an. Der Kamlit ist die höchste dem Haardtrand vorgelagerte Erhebung in der Rheinebene mit Kalk- und Muschelablagerungen, an deren Hügeln einige der besten Weinlagen der Südpfalz liegen. Der Riesling Kalmit ist wie alle Lagenweine von Sven Leiner spontanvergoren und im Holzfass ausgebaut. Ich würde lügen wenn ich leugnen würde, dass die Kalmit-Weine von Sven Leiner nicht zu meinen Lieblingen aus seinem Sortiment gehören. Deshalb freue ich mich ganz besonders, heute wieder einen davon verkosten und die Unterschiede zu 2010 erforschen zu können.

Riesling Kalmit 2012 Unverändert zu 2010 ist die gesamte optische Erscheinung. Lang und braun die Schlegelflasche, konsequent das Corporate Design fortgesetzt. Auf weissem Untergrund oben nur das (alte) Logo mit Gutsgebäude und und in gewohnter Weise, an ein Notenblatt erinnernd, der Name des Inhalts, Riesling, in die drei Zeilen geschrieben. Darunter in gold die Herkunft, Kalmit in gold und gesperrtem Typewriter-Font, und vor allem wieder mit einem der wichtigsten ‘Mitarbeiter’ im Weinberg versehen. Auch hier die Ichneumonida, Nicht-Zoologen am ehesten als ‘Schlupfwespe’ ein Begriff. Am rechten äusseren Rand in quer steht alles über die Lage, ihre Geschichte, ihre Beschaffenheit und ebenso alles über die Philosophie hinter Sven Leiners Weinen. Dabei stelle ich fest, dass ein oder zwei Punkt mehr an Schriftgrösse kein Nachteil für meine Augen wären. Das Demeter-Siegel bezeugt die biodynamische Bewirtschaftung. War schon der Jahrgang 2010 extrem lufthungrig, so werden dem Riesling Kalmit 2012 deshalb auch zwei Stunden in der Karaffe gegönnt bevor er in das Glas darf.

Rubens für die Nase

Goldig wie Rapunzels Haar steht der Riesling Kalmit im Glas. Kaum steckt die Nase in selbigem wird das Organ von reifen Steinobstfruchtaromen überfallen. Eine wahre Orgie für die Sinne, dicht, opulent und mollig. Rubens für die Nase. Karamelltöne riecht man, Orangen sind dabei, auch etwas Kräuterwürze tanzt im Hintergrund herum. Dominiert wird aber alles von einer berauschenden Üppigkeit, die sich erst nach zahllos gedrehten Kreisen des Bechers etwas auflöst und dann auch ein paar Kokosraspeln zum Vorschein bringt. Dabei ist das erst der Anfang in der Duftentwicklung, in ein paar Stunden sieht alles wieder völlig anders in der Nase aus.

Barockes Feuerwerk

So wie es in der Nase begonnen hat, so setzt es sich im Mund fort. Zwar nicht ganz so opulent, doch auch recht rund und füllig kommt der Riesling Kalmit auf die Zunge. Saftige Frucht trieft aus ihm heraus, Steinobst, hochreif, sowie eine wärmende Würze stehen mittig auf der Zunge und lassen diese jubeln. Dem gegenüber steht eine wunderbar feine Säure die alles befeuert und dafür sorgt, dass es nicht kitschig wird im Mund. Es ist ein sündiges Erlebnis mit einem kleinen Schuss an Schärfe am Gaumen, ein barockes Feuwerk das einen zur totalen Maßlosigkeit verführt. Es tropft, es trieft und alles ist so reif. Das sorgt für fülligen Körper und für Dichte. Am Gaumen wie Leichtöl mit einem feinen herben Touch im Nachgeschmack. Im Abgang pure Lust, ewig lang anhaltend und sogar ganz leicht pikant.

Ein richtiger Verwandlungskünstler

Je länger sich der Riesling Kalmit mit seiner Umgebungsluft in der Karaffe unterhält, umso feiner wird er im Mund. Er fühlt sich leichter auf der Zunge an, es wird kalkiger darauf und trockener. Die anfängliche Opulenz weicht einer höchst subtilen Mineralität die sich mit den Fruchtaromen zu einem erotischen Ganzen vereint hat. Die Würze traut sich mehr in den Vordergrund zu treten und sorgt für etwas Wärme. Am Gaumen tropft der Saft von reifen Pfirsichen ab, man ist geneigt sie als dezent gesalzen wahrzunehmen. Spielt man mit dem Wein im Mund so stellt man fest, dass die feine Säure erst ganz am Schluss aus ihrem Häuschen kommt und kurz vor dem Finale für das kecke Element im Abgang sorgt. Was bleibt ist die Sehnsuncht nach dem nächsten Maul voll Wein.

Am Nachmittag steht ein völlig neuer Wein im Glas. Zitrusfruchtig an den Wangen, auf der Zunge kräuterwürzig mit einer dichten Ladung Steinobstsaft. Die barocke Charakteristik ist einem frischen, lebendigen, fast schon frech wirkenden Verhalten gewichen. Sie hat sich ihrer Rundungen entledigt und tanzt jetzt beschwingt zur eigenen Musik. Am Gaumen erheblich mineralischer als zu Beginn, auf der Zunge ebenso. Die Säure herrlich fein und gesittet, gerade so, dass man sie spürt und genau so wie es die reife Frucht benötigt um nicht fett zu wirken. Wie überhaupt sich diese zwei perfekt ergänzen und sich gegenseitig ihren Freiraum lassen. Im Hintergrund sorgen Würze und Mineralität für Struktur, lassen den Riesling Kalmit zu einem erdbetonten Tropfen werden der sich in einem endlos langen und geschmacklich intensiven Nachhall auflöst. Eigentlich sollte man diesen Wein nur aus der Magnum trinken, weil man mit einer ‘kleinen’ meistens schon am zweiten Tag am Trockenedeck sitzt. Man tut sich schwer ihn nicht permanent zu kosten, weil er sich ständig verändert und man am liebsten alles auf einmal erleben möchte. Aber dazu ist in einer normalen Flasche definitiv zu wenig drin. So wie in dieser hier, welche am Abend leider restlos leer war. Dabei hat er da gerade angefangen so richtig Gas zu geben.

Tipp: Unbedingt für 2-3 Stunden in die Karaffe damit. Jede weitere macht ihn noch spannender. Mit 12-14º geniessen. Am besten über zwei Tage oder eine Woche. Der Wein ist ein Chamäleon. Fürs Essen viel zu schade, für mich ein echter Meditationswein.

Verkostet wurde ein Riesling Kalmit 2012 von Sven Leiner aus Ilbesheim in der Pfalz, Deutschland.

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