Seewinkel Beerenauslese 2008
Der dritte Wein zum Thema Süsse Versuchungen ist gleichzeitig auch der letzte aus der mittlerweile wieder ein Jahr dauernden Weinverkostung die wir mit den Edeltropfen der K&U Weinhalle hinter uns gebracht haben. Ganz patriotisch haben wir uns diesen Wein bis zum Schluss aufgehoben um das Jahr standesgemäss mit etwas ‘Heimischem’ abzuschliessen. Eine Beerenauslese ‘Seewinkel’ 2008 von Heinz Velich aus Apetlon im Burgenland hat die Ehre, das K&U-Verkostungsjahr 2012/2013 zu beenden und wir sind mehr als gespannt auf das was heute aus der kleinen Flasche kommen wird.
Auf der kleinen 0,375l-Flasche klebt ein weiss-blaues Etikett mit SEEWINKEL in grossen, dicken schwarzen Lettern in klassischer Typo im weissen Teil aufgedruckt. Partiell lackiert, um noch mehr Eindruck zu schinden. Darunter Beerenauslese 2008. Im blauen, schmäleren Teil des Etiketts ist schlicht und einfach VELICH in weissen Kapitalen eingedruckt und alle Informationen die zum Wein gehören stehen klein darunter. Insgesamt ein relativ unaufgeregtes Design, das einerseits sehr schlicht aber doch recht aussagekräftig ist.
Auf ein Rückenetikett wurde grosszügig verzichtet, was in der Flasche drin ist muss man raten, oder weiss es. Man kann auch fragen oder recherchiert es. Jedenfalls macht die fehlende Information neugierig auf das was man wohl riechen und auch schmecken wird. Womit die Flasche von ihrer gelben ‘Halskrause’ und dem darunter verborgenen Korken befreit wird und der Inhalt zum Verkosten in die Gläser wandert.
Bernstein, Rauch und Aprikosen
Bernsteinfarbe macht sich breit im Glas, es sieht rauchig, leicht angebräunt mit einem feinen Stich orange aus und liegt wie Leichtöl an der Glaswand. Der Duft wie erwartet üppig, opulent nach gedörrten Marillen, nach tropfenden Pfirsichen, süss und interessanterweise mit einem Tick von pikanter Note im Hintergrund. Zu der ganzen sündigen Opulenz gesellt sich leicht Rauchiges dazu, ein feiner Holzton der die Süsse ein wenig dämpft und rauer erscheinen lässt. Im Grunde wirkt der Duft als wäre das Holz komplett von den Fruchtaromen durchtränkt, was für diese ‘Erdigkeit’ sorgt.
So schmeckt goldbraun
Erstaunlich und schwer beeindruckend ist das was auf die Zunge kommt. Es schmeckt süss, auch rauchig, erdig, sogar etwas ‘holzig’ im positivsten Sinn und doch fühlt es sich trotz 185g/l Restzucker ‘leicht’ an. Es schmeckt ‘goldbraun’, gedörrt und super frisch, es hat Würze im Körper, man spürt die Erde und erlebt eine Art von Süsse die man so bisher nicht kennt. Weich liegt die Seewinkel Beerenauslese auf der Zunge, sanft gleitet sie darüber, fliesst ölig über die Zungenränder ab und gerät dabei niemals in Verlegenheit dick zu wirken. Vielmehr fühlt sich der Wein fein und leicht im Mund an, keinesfalls wie eine ‘Zuckerbombe’. Am Gaumen spürt und schmeckt man edlen Rauch, feinstes Holz, eine fruchtige Würze und im Abgang fühlt sich alles wohlig warm und endlos an.
Fühlt sich an wie ‘stonewashed’
Je länger man mit dem Wein im Mund spielt und ihn immer und immer wieder über die Zunge und den Gaumen presst und rollt, umso intensiver erlebt man diese ‘süssholzfruchtige’ Würze die sich im ganzen Mund wie ein feiner Film ausbreitet und bis in die letzten Poren vordringt. Faszinierend wie erdig Süsswein schmecken kann, wie wenig süss ‘süss’ sein kann und doch ist. Ich weiss das hört sich schräg an, aber genauso fühlt es sich im Mund an. Eingepackt in eine feine Rauchwolke, etwas Sand und Lehm im Koffer und Bernstein den Taschen wie bei einer ‘stonewashed’ Jeans. Die Seewinkel Beerenauslese ist für mich persönlich die beste und beeindruckendste Beerenauslese die ich bis jetzt getrunken habe.
So wie dieser Tropfen am Gaumen haften bleibt ohne dick zu wirken, mit diesem würzig-süssen Rauch, dem endlos weichen Abgang und dem ebenso endlos scheinenden Nachhall, wird diese Beerenauslese zum absoluten Suchtstoff. Man kommt beim Verkosten drauf, dass man viel zu wenig im Glas hat und will unbedingt ein zweites kleines Gläschen, um ganz sicher zu gehen alle Facetten auch richtig erkannt zu haben, was letztlich aber nichts als eine glatte Selbstlüge ist, weil man einfach noch ein Glas von diesem magischen Getränk will. 15 Euro für diesen ‘Zaubertrank’ wirken fast lächerlich angesichts des Aufwandes unter welchem Weine wie diese hergstellt werden. Von meiner Seite wieder einmal eine meiner seltenen Kaufempfehlungen.
Tipp: Um die 8-max. 10º geniessen. Passt natürlich zu den klassischen Nachtischen, aber auch zu einer schönen Zigarre. Für mich persönlich am besten solo genossen. Buddhisten würden ihn wahrscheinlich sogar als Meditationswein zertifizieren.
Wein & und Winzer-Info:
Wein: Seewinkel Beerenauslese 2008
Winzer: Heinz Velich
Trinkbar ab: sofort
Optimale Reife: -2016+
Anbau: Naturnah
Ausbau: Barrique
Besonderes: -
Dekantieren: NeinDer Wein wurde uns von der K&U Weinhalle aus Nürnberg zur Verfügung gestellt.
Kategorie: K&U Weinhalle (D), Verkostet