‘Chavignol’ Sancerre 2010

| 21. Dezember 2011 Alles lesen

Der zweite Wein zum Thema Das Loire-Experiment ist wie schon der ‘Les Vallons’ ebenfalls ein sortenreiner Sauvignon Blanc, diesmal aus der ebenso berühmten Appellation Sancerre. Ein ‘Chavignol’ Sancerre von Pierre Martin, dem Sohn des Winzers Yves Martin. Pierre verkörpert die ‘junge Garde’ von Winzern die sich neuen Methoden zuwenden und ihre eigenen Wege in der Weinherstellung gehen. So verwundert es auch nicht, dass dieser ‘Chavignol’ ein ‘Langsamer Wein’ ist der sich von seinen Artgenossen unverkennbar unterscheidet und positiv von ihnen abhebt. Chavignol ist übrigens ein kleines Dorf in der Nähe von Sancerre und berühmt für seinen Ziegenkäse, den Crottin de Chavignol.

Auf der Burgunderflasche klebt ein sehr verhaltenes, farblich gedecktes Etikett. Kein grosses Aufsehen, einfach das Wichtigste klar erkennbar angeführt. Chavignol in einer edlen Typo und die Applellation Sancerre in gold.

Wer die Rebsorte sucht der wird keine finden. Entweder weiss man was in der Flasche ist oder man lässt sich überraschen. Was wieder zeigt, dass in Frankreich die Herkunft das Wichtigste ist. Andererseits gefällt mir soviel ‘Regionales Selbstbewusstsein’ auch schon wieder.

Auch der ‘Chavignol’ benötigt keine Karaffe um sich voll entfalten zu können. Obwohl ebenso ein ‘Langsamer Wein’, kann man sich umgehend dem eigentlichen Trinkvergnügen widmen und erforschen, was aus diesem kleinen Dorf kommt.

Rassig frisch und mineralisch

Sehr hell und blassgelb zeigt sich der ‘Chavignol’ im Glas und vermittelt einen leichtfüssigen Eindruck. Eine ganz feine Perlage am Grund des Glases kündigt einen frischen Wein an. Und dann ist er wieder da, dieser Duft ‘Langsamen Weines’. Wer sich erst einmal an die Buketts dieser gewöhnt hat, der will nie mehr etwas anderes riechen. Ich jedenfalls bin bereits vollständig verzaubert davon. Es ist so anders, nicht laut und brüllend wie das von Massenweinen, es ist vornehmer, leiser und in diesem Fall sehr animierend. Es riecht nach Zitrusfüchten ohne zu brennen, nach Mineralität ohne hart zu wirken und es riecht nach Frühling pur. Die Nase ist eine Wucht und erfrischt mit Finesse und Reinheit was das Zusammenspiel von Zitrusfrucht und Mineralität angeht.

Finessenreiche Fruchtigkeit

Im Mund zuerst Verwirrung. Glaubt man nämlich gerade die saftige Frucht zu spüren, drängt sich unmittelbar eine verführerische Cremigkeit dazwischen und schreit danach wahrgenommen zu werden. Was man im Augenblick als feste Säure einreihen will ‘verdampft’ augenblicklich und hinterlässt ein ganz mildes Geschmackerlebnis. Obwohl der Wein vor Rasse strotzt ist er just in jenem Moment in dem man glaubt diese Rasse zu verspüren, urplötzlich ein ganz sanfter, weicher Wein. Faszinierend. Der ‘Chavignol’ ist wieder so ein typischer Langsamer Wein wie viele andere auch. Kein massenkonditionierter und in der Regel ‘harter’ Sauvignon Blanc, er ist eigenständig, relativ weich und hat ein unverwechselbares Profil.

Hier streiten sich nicht künstlich geformte Aromen um den Vortritt, hier ist alles im Gleichgewicht. Säure, Frucht, Mineralität; alles lebt und entfaltet sich hier ohne dabei jemandem anderen auf die Füsse zu treten. Im Mund fühlt es sich in der Tat rassig an, die frische Mineralität leistet ihren Beitrag, die feine Säure verhält sich zivilisiert und lässt der Frucht den Vortritt.

Grosses Kino im Mund

Es macht richtig Spass diesen Sauvignon im Mund zu spüren. Wie er lebt und pusliert und wie er sich wie ein Samttuch über den Gaumen und die Lippen schmiegt. Er ist aktiv und fordernd, aber gleichzeitig fühlt er sich schmuseweich an. Er zeigt säuremässig was er kann, geht aber nie einen Schritt zuweit. Ist der Eindruck auf dem Höhepunkt klingt er ab und verwandelt sich in ein finessenreichen Fruchtspiel im Mund. Es scheint als machte es dem Wein Spass mit seinem Trinker ein wenig zu ‘spielen’.

Unweigerlich fallen einem all die anderen Sauvignons ein die man bisher getrunken hat und stellt fest, dass diese alle hart, metallisch, kalt und seelenlos geschmeckt haben. Sie waren laut, hatten kein ‘Benehmen’ und letztlich waren sie alle gleich. Dieser hier ist eine Persönlichkeit, hat Charakter, präsentiert einem jedes vorhandene Talent auf der Zunge und am Gaumen und lässt einen geschmacklich auf höchstem Level partizipieren. Sauvignon Blanc kann so herrlich anders sein.

Der ‘Chavignol’ hat eindeutig Substanz und versteht es, diese bei jedem Schluck mit Bravour auszuspielen. Bei all seiner feinen Säure und Mineralität welche ihn so erfrischend machen, bleibt trotzdem immer die Zitrusfrucht im Vordergrund, ganz wenig und gerade so viel, dass ihre Begleiter nicht den Anschluss verlieren. Eine richtig tolle Kombination und vor allem ein ausserordentliches Trinkvergnügen. 15 Euro ist dieser Sancerre auf jeden Fall mehr als wert und sollte bei keinem Spargelessen fehlen. Ein idealer Wein den Frühling einzuläuten und sich daran zu erfreuen, wenn das Grün wieder aus den Ritzen spriesst. Genauso schmeckt und fühlt sich der ‘Chavignol’ von Pierre Martin an. Grosses Mundkino!

Tipp: Leicht gekühlt und ohne umfüllen aus der Flasche ins Glas schenken. Der Rest ist reinstes Trinkvergnügen.

Wein & und Winzer-Info:


Wein: ‘Chavignol’ Sancerre 2010
Winzer: Pierre Martin
Trinkbar ab: sofort
Optimale Reife: – 2013+
Anbau: Naturnah
Ausbau: Edelstahltank
Dekantieren: Nein

Der Wein wurde uns von der K&U Weinhalle aus Nürnberg zur Verfügung gestellt.

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