‘Les Bruyeres’ 2005 Vin Jaune Arbois

| 26. November 2013 Alles lesen

Seit drei Jahren zieht es mich immer wieder wie magisch zu jenem Wein hin, der heute die Themenverkostung Wahre Weinabenteuer eröffnet. Es ist ein ‘Les Bruyeres’ Vin Jaune 2005 Arbois von Stéphane Tissot. Ein ‘gelber’ Wein, aus 100% Savagnin, in der Schweiz auch Paien oder Heida genannt. So weit, so unspektakulär. Das wirkliche Mysterium dieses Weins liegt jedoch in seiner Herstellung und Haltbarkeit. Zuerst lässt man ihn 6 Jahre völlig sich selbst überlassen, nimmt entsprechenden Schwund ganz einfach hin und dann hält der Tropfen auch noch über 40, oft auch 50 Jahre. Dass der Vin Jaune zudem eine rein regionale Weinspezialität des Juras ist erscheint fast logisch. Nirgendwo sonst gibt es so einen Wein. Ich habe dieses Mysterium seit Jahren im Auge und heute wird es endlich, mit riesengrosser Vorfreude aus der Flasche gelassen.

Le Bruyères Vin Jaune 2005 Schon das Gebinde ist eine Ausnahmeerscheinung in der Weinwelt. Abgefüllt in einer Clavelin-Flasche ist der Vin Jaune aus dem Jura der einzige Wein, der in solche Flaschen abgefüllt wird. 620 ml, die quasi Zugeständnis an seine Verdunstung in den ersten 6 Jahren sind, helfen unter anderem auch seine Qualität über die vor ihm liegenden Jahrzehnte zu halten.

Das grosse Etikett ist im Stile aller Beklebungen die Stéphane Tissots Flaschen zieren gehalten. Oben Vin Jaune sowie der Jahrgang auf dem cremefarbigen Untergrund, in gold unterstrichen. Les Bruyeres geschwungen in der Mitte. Darunter, am linken Seitenrand eine in hellstem grau aufgedruckte Weinpresse. Unterhalb das Weingut und auf der rechte Seite Arbois ganz gross gehalten, als Herkunftsbezeichnung inklusive dem Hinweis auf die Appellation Arbois Controlee. Was auffällt sind die 15% die in der Flasche schlummern. Verschlossen ist die Clavelin-Flasche mit Wachs, was ihr noch mehr den Mythos eines echten Schatzes verleiht. Auf ein Rückenetikett wird verzichtet, steht alles vorne drauf was wissenswert und nötig ist. Bevor das Wein-Mysterium in die Gläser kommt, darf es eine Weile in der Karaffe Sauerstoff aufnehmen und sich schon dort von seiner schönsten Seite präsentieren.

Mit besten Grüssen von der Hefe und der Nuss

Goldbraungelb, wie Bernstein, steht der Les Bruyeres nun endlich im Glas und strahlt leuchted vor sich hin. Dick benetzt er die Glaswand und fliest nur langsam wieder ab. Und dann der Duft. Von wegen Wein, hier steht Sherry im Glas. Eine Wucht! Nüsse, Dörrobst und dieser typische Sherry-Duft. Dazu eine Kanne warmer Teig- und Hefearomen. Betörend, verzaubernd, umwerfend. Wer geglaubt hat hier was ‘Liebes’ oder ‘Nettes’ zu riechen, der springt von der nächsten Klippe. Man bezweifelt ernsthaft, dass aus diesem Glas auch Wein in den Mund fliesst und wer aufgeschlossen ist, der kann es nicht erwarten was auf ihn zukommt. Mich fasziniert der Duft, der schwer als Duft, eher als ‘Geruch’ zu bezeichnen ist. Hier beginnt das Weinabenteuer bereits in der Nase. Kompromisslos, rein und klar. Liebe oder Hass. Dazwischen ist kein Platz für Nichts.

Frisch und leicht

Was soll ich sagen? Das ist die Luxusvariante von Oxidation und macht soviel Spass im Mund, dass es fast schon weh tut. Unglaublich frisch kommt der Les Bruyeres auf die Zunge, sofort machen sich ausgeprägte Nuss- und Hefearomen über sie her und tauchen sie in eine wundersam leichte Hülle. Man hätte etwas schwereres, dichteres, opulenteres erwartet, doch alles fühlt sich wie ein feiner Nebel an. Trotz dieser Leichtigkeit steckt genug Kraft in diesem Wein, lässt sie einen aber nicht mit Gewalt spüren. Da ist nichts von stumpf, im Gegenteil. Eine sehr präsente Säure sorgt für auffallende Frische und was die Nuss und die Hefe angeht – die beiden tanzen auf der Zunge den Bäckerstanz und scheren sich nicht im Geringsten um die Meinung derer, die sich mit ihr auseinander zu setzen haben. Mag man oder hasst man. Ja oder nein. Schmeckt oder es graut einem davor. Nimm´ mich oder lass´ mich.

Nussig, ‘brotig’ und entschleunigt

In der Nase wird der Les Bruyeres mit der Zeit immer nussiger, immer ‘sherriger’, aber auch ruhiger und weicher. Im Mund dominieren seine Nuss- sowie Brot- und Hefeteigaromen derart ausgeprägt, dass man sie selbst im Nachhall nicht mehr los wird. Man weiss, dass man Wein trinkt, ist sich aber nicht mehr ganz sicher. Man versucht die Eindrücke am Gaumen zu erfassen, sie zu sortieren. Es schmeckt so nussig und fühlt sich so schwebend leicht an. Da sollen 15 vol.% drin sein? Unmöglich. Man fragt sich ob es in Ordnung ist ein zweites und drittes Glas zu trinken. Macht man doch bei Sherry nicht. Ist aber Wein, welch Glück. Les Bruyeres auf der Zunge ist warm, trotzdem frisch. Hat Kraft, zeigt sie aber nicht. Erst am Ende, nach dem ‘Bäckereiabgang’, im Nachhall, der nicht enden will. Wo es etwas wärmer wird im Körper und im Kopf. Und wo man sich nach dem nächsten Schluck sehnt, so man sich mit diesem Tropfen angefreundet hat. Dann beginnt der Wein Spass zu machen, man spürt dieses leicht Rauchige in ihm, erkennt wie Nüsse in flüssiger Form schmecken können und wie es sich anfühlt wenn der Nebel von frischem Brotteig über den Gaumen zieht. Man liebt frisches Brot und erhält hier die Verlinkung dazu. Man trinkt Bäckerei, sozusagen. Und man riecht Bäckerei in jeder Sekunde in der man die Nase ins Glas steckt. Der Gaumen gewöhnt sich an diese warme Aromatik, die Zunge kann nicht genug davon bekommen. Es ist warm, es ist frisch, es ist leicht und ganz am Ende stellt man fest, dass da doch 15 vol%. drin sind.

Les Bruyeres & Comté Es ist Herbst und der Les Bruyeres gehört genau da hin. Und in den Winter, und in den ‘Übergang’. Liebe mich oder hasse mich. Ich vergöttere ihn. Vin Jaune zu trinken hat nichts mit herkömmlichem Weintrinken zu tun. Das ist Weingenuss auf einem ganz anderen Level. Nicht esoterisch oder überintellektuell; einfach eine völlig andere Weinerfahrung. Eine die einen zwingt das Tempo raus zu nehmen, sich hinzusetzen und sich auf Neues einzulassen. Auf die Stopptaste zu drücken und die Zeit anzuhalten. Vin Jaune, in diesem Fall der Les Bruyeres, ist kein Wein für Einsteiger oder einfach Neugierige. Für echte Kenner, Abenteurer und Entdecker ist er aber eine wahre Offenbarung. Ich habe mir zu diesem ‘Hybrid’ aus Wein und Sherry, als welchen ich ihn wahrneme, eine schöne dicke Scheibe 30 Monate alten Comté (einen typischen Käse aus dem Jura) genehmigt und die Kombination ist einfach unschlagbar. Ich liebe Weine jeder Art. Aber Weine wie dieser sind es, die mich in andere Welten entführen. Der Les Bruyeres ist ein Wein zum Träumen, ein Wein zum Weinen. Ab 60 Euro zu beziehen und jede Träne wert.

Tipp: In der Karaffe eine halbe Stunde atmen lassen und dann um die 12-14º geniessen. Zu reifem Käse und Nüssen ein echter Glücksfall. Als Alleinunterhalter ein Erlebnis das man nicht vergessen wird. Das totale Weinerlebnis.

Wein & und Winzer-Info:

Les Bruyeres
Wein: Arbois Vin Jaune ‘Les Bruyeres’ 2005
Winzer: Stéphane Tissot
Trinkbar ab: sofort
Optimale Reife: -2021+
Anbau: Biodynamisch
Ausbau: Gebrauchtes Barrique
Besonderes: Demeter® zertifiziert
Dekantieren: Ja

Der Wein wurde uns von der K&U Weinhalle aus Nürnberg zur Verfügung gestellt.

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Kategorie: K&U Weinhalle (D), Verkostet